Thema im April 2021: Die Nova Cassiopeiae 2021

Die Nova Cassiopeiae 2021 wurde am 18.03.2021 nahe des Sternhaufens Messier 52 (Stern V1405 Cas = Progenitor 2014 - ein Doppelstern, der aber nicht optisch getrennt werden kann)  entdeckt.

Koordinaten: RA 23h24min48s, Dec: +61°11´15´´

Die Luminanz-Bilder zeigen die Lage der Nova.

Mit dem Shelyak Alpy 600 Spektroskop mit Guiding-Modul (Spalt 10m) am Skywatcher Esprit 150 ED-APO und der ZWO ASI071 Pro - Kamera habe ich die Nova am 26. und 29. März sowie am 01. und 04. April  aufgenommen. Bis auf den 26.03. wurden jeweils 50 - 100 Subframes zu je 60 Sekunden aufgenommen und  in Fitswork gestackt und nurin Luminanz entwickelt. Die Wellenlängenkalibrierung erfolgte in Rspec auf Tsihs (Gamma Cassiopeiaes) Emissionslinien. 

Da sich die Gashülle schnell ausdehnt, ist das Spektrum der uns zugewandten Hülle blauverschoben, die von uns abgewandte Seite rotverschoben. Aus dieser Verbreiterung der Linien gegenüber einer theoretisch „ruhenden“ Linie kann mit dem Doppler-Effekt ihre Expansionsgeschwindigkeit berechnet werden:

Hierbei gilt mit Maßen in Angström ():

vexp  = radiale Komponente der Expansionsgeschwindigkeit

  = einseitige Verbreiterung der Linie in Å

   = Wellenlänge der Linie, z.B. Hα 6562,8 Å

c       = Lichtgeschwindigkeit (299792,458 km/s)

Eine Besonderheit ist z.B. bei Sternen mit sich ausdehnender Hülle, dass viele Linien ein sog. PCygni-Profil aufweisen:

Es entsteht aus einer Überlagerung der Absorptionslinie in direkter Sichtlinie zum Stern durch die Emissionslinie derselben Wellenlänge, die durch Anregung der Atome der expandierenden Gashülle verursacht wird. Die abgestoßene Gashülle bewegt sich radial vom Stern fort. Der Doppler-Effekt wirkt sich bei dem Teil, der sich auf den Beobachter zu bewegt in einer Blauverschiebung aus. Hier wird das vom Stern ausgehende Licht weitgehend in der Gashülle absorbiert (und gestreut), weshalb sich eine blauverschobene Absorptionslinie zeigt. Von dem Teil der Hülle, der von der Erde weg expandiert, wird ein Strahlungsüberschuss in Form einer breiten Emissionslinie empfangen. Von der Emissionslinie bleibt oft nur der rotverschobene Anteil ungestört sichtbar, der blauverschobene Anteil kann die Absorption nicht oder nur teilweise kompensieren.

Neben weiteren Einflussgrößen ist somit das Radienverhältnis von Stern und abgestoßener Hülle für die Ausprägung des PCygni-Profils ausschlaggebend. Bei Hüllen mit weniger als 1,5 Sternradien überwiegt die Absorption, bei Hüllen größer als etwa 5 Sternradien ist der Absorptionsanteil in der Regel verschwindend klein. Der Wellenlängenunterschied des Maximums der Emissionslinie zum Minimum der analogen Absorptionslinie kann also als Maß  für die Blauverschiebung verwendet werden.

Mit der Berechnung durch Vermessung aller jeweils sichtbaren PCygni-Profile wurde für jeden Tag ein Mittelwert gebildet. Weiterhin konnte das das Maß des jeweils am weitesten nach unten und nach oben abweichenden Geschwindigkeitswertes als Fehlergrenze verwendet werden.

So ergeben sich bei einer Dispersion von jeweils 2,5 Å/Pixel anhand der P-Cygni-Profile der Linien folgende Werte für die Expansionsgeschwindigkeit:

26.03.2021:  vexp = 1500 (+/-150) km/s

29.03.2021:  vexp = 1470 (+/-100) km/s

01.04.2021:  vexp = 1420 (+/-150) km/s

04.04.2021:  vexp = 1320 (+/-50) km/s

08.04.2021:  vexp = 1260 (+/-100) km/s

10.04.2021:  vexp = 1200 (+/-60) km/s

21.04.2021:  vexp = 1070 (+/-80) km/s

22.04.2021:  vexp = 1020 (+/-90) km/s

23.04.2021:  vexp = 1005 (+/-180) km/s

24.04.2021:  vexp = 980 (+/-130) km/s

26.04.2021:  vexp = 970 (+/-100) km/s

03.05.2021:  vexp = 970 (+/-80) km/s (H-Balmer)  und vexp = 730 (+/-50) km/s (Fe II)

07.05.2021:  vexp = 830 (+/-80) km/s (H-Balmer)  und vexp = 725 (+/-15) km/s (Fe II)

Die Geschwindigkeit scheint also stetig abzunehmen. Ich bin mir nicht sicher, warum die PCygni-Profile am 26. März und 01. April viel schwächer ausfielen. Hier waren fast nur die Emissionslinien registriert. Eine mögliche Deutung sind mehrere Hüllen-Abstoßungsereignisse hintereinander, besonders, weil diese Veränderungen auch von anderen Astronomen spektroskopisch dokumentiert wurden.

Am 29. März und 4. April waren sie dagegen klar und mit hellen Emissions- und tiefen Absorptionslinien erkennbar.

Zu allen bisherigen späteren Terminen zeigten sich die P-Cygni-Profile klar und deutlich mit Emissions- und Absorptionsprofilen bei allen erhabenen Linien.

Interessant ist auch, dass die Photometrie vom 08.04. bis 26.04. einen Anstieg der Helligkeit von etwa 0,3 Größenklassen zeigt. Die Nova scheint sich also gerade vom Prämaximum auf ein neues Maximum zuzubewegen und ist spektroskopisch von einer He/N-Nova zu einer Fe II - Nova geworden, ein derzeit (in Expertenkreisen) viel diskutiertes Phänomen. Die He I-Linien werden zunehmend von Emissionslinien des Eisens abgelöst bzw. kompensiert, da diese z.T. in ähnlichen Wellenlängenbereichen zu finden sind.

Stand 07.05.: Helligkeit mittlerweile 7,0 mag. 
 

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